Neue Saiten anschlagen!

Nur selten bleibt ihnen Zeit für ein kurzes musikalisches Zwischenspiel (von links): Hubertus Müller, Ariane Koksal und Anett Beckmann; Bildquelle: Lukas/Malteser

Duderstadt (mhd). Ein Haus mit Geschichte und Geschichten, an denen jetzt auch die Malteser mitschreiben: Seit dem 18. September 2023 ist der katholische Hilfsdienst mit der gesundheitlichen Betreuung der Geflüchteten in der Notunterkunft „Rosenthaler Hof“ in Duderstadt beauftragt. Dort hat eine kleine, feine Maltesertruppe die ehemalige Bar des einstigen Sporthotels in eine Sanitätsstation verwandelt – Barpiano inbegriffen!


Ein solches Gästebuch können nur wenige Hotels vorweisen: Ekaterina aus Charkiw hat sich in Farbe verewigt und auch Ludmilla schon vor Jahren Grüße hinterlassen. Fast alle Wände der langen Hotelflure sind bemalt – meist mit Namen, aber auch einigen gut komponierten kleinen Gemälden, die großes Können verraten: 2015 nutzte die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB Ni) das ehemalige Sporthotel mit der großen Tennisanlage als Unterbringung für Geflüchtete. Zu Coronazeiten wurde das Gebäude als Quarantänehotel für eingereiste Spätaussiedler genutzt. Als aber im vergangenen Jahr die Asylbewerberzahlen anstiegen, zogen hier sehr kurzfristig wieder geflüchtete Menschen aus aller Welt ein.

Sehr kurzfristig, auch für die Malteser! „Wir bekamen an einem Donnerstag den Auftrag, die Sanitätsstation aufzubauen und am folgenden Montag fuhren die ersten Busse mit Geflüchteten vor“, erzählt Stefanie Hacke. Als Referentin der Geschäftsführung der Malteser in der Diözese Hildesheim leitet sie die Sanitätsstation von der Malteser-Diözesangeschäftsstelle in Hannover aus. Das Sagen vor Ort haben Hubertus Müller als Leiter und seine Stellvertreterin Anett Beckmann. Gemeinsam mit einem Team aus insgesamt 14 Kolleginnen und Kollegen besetzen sie die Sanitätsstation rund um die Uhr in drei Schichten. Eine Kollegin oder ein Kollege ist immer für alle Arten von medizinischen Notfällen ansprechbar: Meist ist nur ein Pflaster zu kleben oder eine Kopfschmerztablette auszuteilen. Aber auch bei lebensbedrohlichen Zuständen können sich die Geflüchteten an einen Malteser wenden. Dieser trifft dann die Entscheidung, ob der Rettungsdienst alarmiert werden muss.

Meist dienstags und donnerstags wird die ehemalige Bar zu einer improvisierten Arztpraxis. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte aus der Umgebung kümmern sich dann mit Hilfe der Malteser um die Erkrankten. An den anderen Tagen sind Facharzttermine zu vereinbaren, Befunde zu dokumentieren, Krankenakten zu führen und Abrechnungen zu erledigen. Nur selten bleibt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Moment der Muße, um die lange nicht gestimmten Saiten des Barpianos anzuschlagen. Aber die Zeit für ein persönliches Wort, eine nette Geste oder auch nur ein offenes Ohr für die Bewohner der Einrichtung nimmt sich das Team immer.

Nachdem die ersten Wochen sehr improvisiert verlaufen seien, kehre nun allmählich so etwas wie Struktur ein, erzählt Stefanie Hacke. Doch noch immer suchen die Malteser dringend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn die Arbeit mit Geflüchteten ist nicht jedermanns Sache. „Manche wollen das nicht,“ erzählt Anett Beckmann mit Bedauern. Für sie aber sei das genau das Richtige, schwärmt die Medizinische Fachangestellte (MFA), die zuletzt im Rettungsdienst der Malteser in Göttingen gearbeitet hat. Und auch Hubertus Müller musste man nicht lange bitten. Seit Jahren arbeitet der Rettungsassistent, der auch Fachwirt im Sozial- und Gesundheitswesen ist, in der Krankenstation der Malteser im nahegelegenen Grenzdurchgangslager Friedland. Da er aus Duderstadt kommt und „die Mentalität der Menschen hier im Eichsfeld kennt“, lag es für ihn nahe, in den Rosenthaler Hof zu wechseln.

Bis zum 18. September dieses Jahres haben die Malteser einen Vertrag zum Betrieb der Sanitätsstation hier. Was danach kommt, weiß niemand. Doch wie auch immer – die Malteser werden der Geschichte des Rosenthaler Hofs in jedem Fall ein weiteres, interessantes Kapitel hinzufügen.